Rückblick und Ausblick in Sachen „Qualität“

Wo stehen wir heute?

Ausgangspunkt: die Kölner Werkstattgespräche II zur Thematik: Qualität – Management – Evaluation

Anläßlich der 2tägigen Kölner Werkstattgespräche II haben Pädagogen und Pädagoginnen aus Schulen, aus privaten Aus- u. Weiterbildungsorganisationen und andere Fachleute aus dem Bildungsbereich über Qualitätsansprüche und Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme ausführlich diskutiert.
Ein Qualitätsstandard fand vor rund zwei Jahren besondere Beachtung: das QM STUFEN-MODELL® nach PAS 1037:2004. Ein Qualitätsmanagementsystem das für (und mit) Organisationen der Aus- und Weiterbildung entwickelt wurde und in diesem Bildungsbereich bereits Anwendung findet.

Die Weiterbeschäftigung mit diesem ISO-kompatibles QM-System für den Bereich Fernstudien, Fernunterricht/E-Learning führte zu einer branchenspezifischen Weiterentwicklung dieses Qualitätsstandards. Im Juni 2006 wurden die „quality specifications for distance learning providers“ veröffentlicht.
Ende 2007
wurden die ersten Fernlehrinstitute zertifiziert.

Hier einige Hinweise zum QM STUFEN-MODELL® nach PAS 1037 und zur weiteren Entwicklung:

Das QM STUFEN-MODELL® ist das Ergebnis von Modellprojekten, die durch die Länder Berlin und Brandenburg und die Europäische Union gefördert wurden. In die Erarbeitung war unter Leitung der RKW Berlin-Brandenburg, Rationalisierungs- und Innovationszentrum, ein Konsortium von 100 Bildungsunternehmen, Institutionen und Experten einbezogen. Die Entwicklung entstand in Kooperation mit dem Normenausschuss Gebrauchstauglichkeit und Dienstleistungen im DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Das Ergebnis ist mit dem Standard PAS 1037:2004 im April 2004 veröffentlicht worden und ist als eigenständige zertifizierungsfähige „Praxisnorm“ bundesweit anwendbar.
Für den Bereich Fernunterricht / e-Learning wurde dieser Qualitätsstandard branchen-spezifisch weiterentwickelt; dies gilt auch für das im Folgenden skizzierte Kompendium zur PAS 1037.

Seit Januar 2005 existiert zusätzlich ein umfangreicher Leitfaden zur Umsetzung und Anwendung der PAS 1037: das Kompendium.
Für den Bereich Fernunterricht, Fernlehre und e-Learning ist dieses Kompendium Ausgangspunkt für eine branchenspezifische Modifizierung, die ihren Niederschlag im KOMPENDIUM II findet. Dieser neu entwickelte Leitfaden zur Umsetzung der „quality specifications for distance learning providers“ basiert ebenfalls auf dem Qualitätsstandard PAS 1037:2004.

… ein Blick auf Qualitätsentwicklungen im Bereich Fernstudium und Hochschule:
Im Juni 2005 wird von der Arbeitsgemeinschaft Fernstudium in der DGWF und dem Forum DistancE-Learning ein Leitfaden zur Qualitätseinschätzung im Fernstudium und zur Akkreditierung von Lehrangeboten im Fernstudium vorgelegt: die Praktische(n) Regeln für gute Fernlehre – Code of Good Practice in Distance Education. Der Anspruch: „Beschreibbare Qualität eines Fernstudiums bedingt auch die Definition von Regeln, nach denen sich Lehr-Lern-Vorgänge gestalten“ (Loeper).

Im Februar 2006: Deutschland beantragt ISO-Normungsvorhaben „Bildungsdienstleistungen“ Das vom DIN Deutsches Institut für Normung e.V. bei der ISO in Genf eingereichte Vorhaben zielt darauf ab, Standards auf dem Gebiet von Bildungsdienstleistungen in konkreten Feldern der nicht-öffentlichen Bildung zu schaffen. Dazu zählen zunächst die berufliche Weiterbildung, innerbetriebliche Schulungen und Sprachausbildungen

Juli 2006: der neue, branchenspezifische Qualitätsstandard PAS 1037: quality specifications for distance learning providers kann der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Nach intensiver Zusammenarbeit haben der Fachverband Forum DistancE-Learning und die RKW Berlin GmbH – unter Mitwirkung des Bildungsbüro Köln e.V. – diesen neuen Qualitätsstandard, basierend auf dem 2004 etablierten QM STUFEN-MODELL® nach der PAS 1037, entwickelt. Damit steht allen Organisationen, die Fernlehrgänge oder Fernstudiengänge mit akademischen Abschlüssen sowie tutoriell betreutes E-Learning anbieten, ein passgenaues Managementsystem für nachhaltige Qualitätsentwicklung im Unternehmen zur Verfügung. …

Was kennzeichnet diesen neuen Qualitätsstandard? Die “quality specifications for distance learning providers” erweitert und modifiziert das Anforderungssystem.
In den neuen Qualitätsstandard – mit insgesamt 54 Anforderungen – wurden 27 Änderungen eingearbeitet, die hauptsächlich die Bereiche Personal und Produkt-entwicklung, Betreuung und Lernerfolg betrafen.
Im Unterschied zum QM-STUFEN-MODELL gilt für Fernunterrichtsanbieter von vornherein das hohe Anforderungsniveau der Stufe „Standard“.
Besondere fernunterrichtsspezifische Anforderungen wurden für die Führungs-, Unterstützungs- und Wertschöpfungsprozessen definiert.

Damit wurde ein Managementsystem entwickelt,

  • das exakt auf die besonderen Anforderungen mediengestützter Lehr-Lernprozesse zugeschnitten ist
  • das den Besonderheiten von DistancE-Learning-Anbietern hinsichtlich der Gestaltung der Kundenarbeit und Lernerbetreuung gerecht wird, den Fokus auf gelungene Lehr-Lernprozesse richtet
  • das aufgrund seines integrativen Ansatzes die Qualität der Ergebnisse, Prozesse und Strukturen umfassend befördert
  • das es ermöglicht, die Effektivität der Unternehmensprozesse zu steigern und es ermöglicht
  • die Qualität einer Fernschule / Fernhochschule einzuschätzen. Und schafft Transparenz bei der Wahl eines Anbieter …

Martin Kurz vom Forum DistancE-Learning spricht in diesem Zusammenhang von einem „Meilenstein in der Geschichte des Fernunterrichts und des E-Learnings in Deutschland – ähnlich wie 1977 die gesetzliche Regelung des Verbraucherschutzes durch das Fernunterrichtsschutzgesetz“ .
Die Erweiterung des fernunterrichtlichen Qualitätsbegriffs auf die Bildungsorganisation hat das Ziel, die Lernprozesse weiter zu verbessern. Dafür notwendig sind Maßstäbe für die Bewertung und Reflexion vorhandener Organisationsstrukturen und Entscheidungsprozesse. Im Mittelpunkt steht dabei der Lerner. Ohne den Blick auf den Lerner und die Vorstellungen davon, wie erfolgreiches Lernen stattfindet – ohne diese pädagogischen Leitgedanken – fehlt einer institutionell-organisatiorischen Einscheidung die Ausrichtung sowie die regulierende Funktion und, wie Rainer Zech es auf den Punkt bringt, es wird das Qualitätsmanagementsystem „um seinen identitätsstiftenden Kern gebracht“ (Zech, 2004)

Was den neuen, branchenspezifischen Qualitätsstandard noch auszeichnet:

  • dass der neue Qualitätsstandard kompatibel ist zu ISO und AZWV und zugleich
  • wesentliche Anforderungen der ZFU-Zulassung abdeckt, d.h. das Zulassungsverfahren erleichtert.

Erläuterungen zu AZWV, ISO 9001 und zur ZFU-Zulassung:

AZWV / SGB III
Die Gesetzesvorgabe im SGB III (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung – AZWV) schreibt vor, dass beim Anbieter einer von der Arbeitsagentur geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme ein Qualitätsmanagementsystem (QM-System) angewendet und von einer externen fachkundigen Stelle geprüft werden muss. Mit der Vorlage eines Zertifikates nach der neuen PAS 1037-Spezifikation werden die Anforderungen der AZWV weitestgehend erfüllt und entsprechen somit grundlegend den gesetzten Kriterien der Bundesagentur für Arbeit. Doppelter Aufwand wird dadurch vermieden.

ISO 9001
Die „quality specifications for distance learning providers“ zur PAS 1037:2004 für Anbieter von Fernunterricht, Fernlehre und E-Learning ist kompatibel zu internationalen Standards wie ISO 9001. Dieses QM-System geht durch die branchenspezifische Ausprägung und den Praxisbezug über das allgemein gehaltene Anforderungsprofil der ISO-Norm hinaus und unterstützt damit nachhaltig die Ausrichtung an Kundenbedürfnissen unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen mediengestützter Lehr-Lern-Prozesse.

ZFU-Zulassung

Für Anbieter, die neu entwickelte Fernlehrgänge oder E-Learning-Kurse von der ZFU prüfen lassen müssen, bietet der neue Qualitätsstandard eine Vereinfachung des ZFU-Zulassungsverfahrens. Weil bestimmte Qualitätsnachweise bereits im Rahmen der neuen Anbieterzertifizierung erbracht werden, ist ein schlankeres Zulassungsverfahren zu erwarten. Dazu Michael Vennemann, Leiter der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht: „Die Zertifizierung nach PAS 1037 bietet die Gewähr dafür, dass die Anbieter den prozessuralen und organisatorischen Rahmen für die Durchführung von Fernlehrgängen abdecken. Damit sind die trägerspezifischen Aspekte der vorläufigen ZFU-Zulassung berücksichtigt. Eine doppelte Überprüfung wird damit vermieden“ .
Zusammenfassend: Der neue Qualitätsstandard fügt sich nahtlos in die bestehende Zertifizierungslandschaft ein

 

 

 

 

 

Über den Autor

Peter Born

Als gemeinnütziger Verein berät das Bildungsbüro bei der Konzeption und Vorbereitung auf die Zertifizierung von Bildungsangeboten. Im Bildungsbüro arbeiten gemeinsam Persönlichkeiten und Fachleute aus unterschiedlichen Feldern der Aus-/Weiterbildung und Kultur.

Kommentar hinzufügen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.